Konzept

Kapazität

87 Betten für Frauen* und Kinder

Ausgangssituation

Das erste Berliner Frauenhaus wurde 1976 eröffnet. Im Jahr 1990 nahm das Frauenhaus BORA die Arbeit auf. Insgesamt gibt es mittlerweile sieben Frauenhäuser in Berlin.

Trotz des unermüdlichen Engagements feministischer NGOs nimmt Gewalt gegen Frauen* und Kinder zu.

Im Jahr 2015 wurden in Berlin insgesamt 14.490 Fälle häuslicher Gewalt bei der Polizei registriert. 1.176 Frauen* und 1.116 Kinder (Vorjahr: 1.196 Frauen und 1.081 Kinder) suchten in den Berliner Frauenhäusern und Zufluchtswohnungen Schutz und Unterstützung. (Quelle: Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung).

Betroffene von Partnerschaftsgewalt sind zu über 80 Prozent Frauen*. Mehr als die Hälfte von ihnen lebt zum Zeitpunkt der Tat(en) in einem gemeinsamen Haushalt mit dem (in der überwiegenden Mehrheit männlichen) Täter.

Die aktuelle kriminalstatistische Auswertung zu Partnerschaftsgewalt (PKS) erfasste in Deutschland im Jahr 2020 insgesamt 148.031 Personen, die Opfer von häuslicher Gewalt wurden, 119.164 von ihnen waren weiblich. Die PKS dokumentiert u.a. folgende versuchte oder vollendete Straftatbestände gegen Frauen*:

  • Vorsätzliche, einfache Körperverletzung: 72.013
  • Bedrohung/ Stalking/ Nötigung: 29.301
  • Gefährliche Körperverletzung: rund 12.449
  • Mord und Totschlag: 359

(Quelle: Bundeskriminalamt)

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Leitbild

Gewalt gegen Frauen* und ihre Kinder ist keine Ausnahmeerscheinung, kein Sonderfall, sondern alltägliche Realität in einer Gesellschaft, die sich als modern und human begreift.

Das Frauenhaus BORA bietet von Gewalt betroffenen Frauen* und Kindern Schutz und Unterstützung.

In der individuellen Lebenssituation und Leidensgeschichte gewaltbetroffener Frauen* und Kinder manifestieren sich patriarchale Strukturen in ihrem historischen und gegenwärtigen Kontext.

Mit diesem Bewusstsein verstehen wir unsere Arbeit als parteilich mit und für Frauen*.

Wir arbeiten nach dem Empowerment-Ansatz, fördern im Alltag das solidarische Miteinander der Bewohner:innen und ihrer Kinder, engagieren uns politisch und kooperieren eng mit lokalen und überregionalen feministischen Anti-Gewalt-Organisationen.

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Zielgruppe

Das Frauenhaus BORA ist ein Zufluchtsort für Frauen* und Kinder, die von Gewalt betroffen sind, unabhängig von Staatsangehörigkeit, Herkunft, Religion und Alter.

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Einzugsbereich

Wir arbeiten bezirksübergreifend. Frauen*, deren Wohnsitz sich in örtlicher Nähe des Frauenhauses befindet, müssen aus Sicherheitsgründen in einem anderen Frauenhaus untergebracht werden.

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Grundsatzziele der Arbeit im Frauenhaus

  • Schutz der Bewohner:innen und ihrer Kinder vor Gewalt
  • Hilfe zur Selbsthilfe zur Veränderung ihrer bedrohlichen Lebensumstände
  • Reflexion traditierter Geschlechterrollenstereotype, Hinterfragung sexistischer und rassistischer Muster
  • ressourcenorientierte Entwicklung von Perspektiven und Strategien zur Bewältigung der Gewalt- und Misshandlungserfahrungen
  • Prävention: Durchbrechung der transgenerationalen Weitergabe gewaltfördernder Beziehungsmuster

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Grundsätze der Arbeit

Feministische Parteilichkeit

Wir verstehen unsere Arbeit als eine parteiliche für und mit Frauen*.

Anonymität

  • Geheimhaltung der Adresse des Frauenhauses zum Schutz der Bewohner:innen und ihrer Kinder vor Gewalt
  • Schweigepflicht der Mitarbeiter:innen

Freiwillige, unbürokratische, schnelle Aufnahme

Grundvoraussetzung unserer Arbeit ist der eigene Entschluss der Frau*, in unserem Haus Zuflucht zu suchen.

Das Frauenhaus BORA ist rund um die Uhr telefonisch erreichbar, so dass hilfesuchende Frauen* und ihre Kinder sofort und unbürokratisch aufgenommen werden können.

Individuelle Aufenthaltsdauer

Nach der Devise: „So lang wie nötig und so kurz wie möglich“ hängt die Dauer des Aufenthaltes einer jeden Bewohner:in von ihrer individuellen Lebenssituation ab. Neben ihrer Gefährdungslage und ihrer persönlichen Verfassung können äußere Faktoren wie ein unklarer Aufenthaltsstatus, juristische Vorgänge oder die Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt einen längeren Aufenthalt erforderlich machen.

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Kontaktfrauensystem und individuelle, qualifizierte Beratungsarbeit für alle Frauen*, gleich welcher Herkunft

Während des Aufenthalts im Frauenhaus wird jede Frau* von einer Mitarbeiter:in (Kontaktfrau) aus dem Frauenbereich und jedes Kind von einer Kindermitarbeiter:in beraten und unterstützt, bei Bedarf unter Hinzuziehung einer Psychologin oder unserer Kinder- und Jugendlichentherapeutin.

In der Arbeit mit Frauen* mit Migrations- und Fluchtgeschichte berücksichtigen wir ihre Herkunft und ihre spezielle Lebenssituation in Deutschland. Wir arbeiten mit Sprachmittler:innen oder mehrsprachigen Kolleg:innen.

Unser qualifiziertes, interkulturelles Team bildet sich beständig weiter. Im Rahmen von Supervisionen und Evaluation überprüfen wir die Qualität und Wirksamkeit unserer Arbeit kontinuierlich.

Die Bewohner:innen können in rechtlichen Fragen von einer Jurist:in beraten werden. Wir kooperieren mit ausgewählten Psycholog:innen, Ärzt:innen und Beratungsstellen.

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Transparenz

Wir bemühen uns, unsere Arbeitsweisen und Entscheidungsprozesse offen zu legen, um diese nachvollziehbar zu gestalten und eine Diskussion zu ermöglichen.

Ein eigenes Zimmer

Um ein Minimum an privater Sphäre und Ruhe zu gewährleisten, steht jeder Frau* und ihren Kindern ein Zimmer zur Verfügung. Für rollstuhlfahrende Bewohner:innen halten wir ein entsprechendes Zimmer bereit.

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Selbstorganisation der Bewohner:innen und Hilfe zur Selbsthilfe

Die Organisation und das Bestehen des Frauenhauses kann ohne die Mitarbeit der Bewohner:innen nicht gewährleistet werden. So garantieren diese z.B die Aufnahmen von Frauen* in der Nacht und an den Wochenenden und regeln ihre gemeinsamen Belange in Hausversammlungen. Die solidarische Unterstützung und Hilfe der Frauen* untereinander ist eine der Grundfesten des Frauenhauses. Gemeinsame Erfahrungen und deren Austausch verhindern die Individualisierung geschlechtsspezifischer Gewalterfahrungen.

Unsere Unterstützung und Beratungsarbeit soll präventiv zukünftigen, gewaltgeprägten Abhängigkeitsverhältnissen vorbeugen und die Eigeninitiative der Frauen* fördern.

Qualitätssicherung

Um die Qualität der Arbeit zu garantieren und weiterzuentwickeln, hat BORA verschiedene Instrumentarien in den Arbeitsablauf als feste Bestandteile integriert.

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Organisationsstruktur

Die Personal- und Finanzangelegenheiten werden in der Geschäftsstelle BORA bearbeitet. Dies garantiert eine planvolle und ökonomische Absicherung der Arbeit und der finanziellen Mittel im Frauenhaus.

Die Arbeit im Frauenhaus wird von einem Team aus Sozialarbeiter:innen, Erzieher:innen, Psycholog:innen und einer Haushandwerker:in geleistet. Zur Unterstützung des Fachkräfteteams werden weitere Mitarbeiter:innen beschäftigt. Außerdem bieten wir Praktikumsplätze im Rahmen der Fachkräfteausbildung an.

Die Verantwortung für das Haus liegt in der Hand der Leiter:innen des Frauenhauses. Das Team ist in spezielle Arbeitsbereiche aufgegliedert, für die sich einzelne Mitarbeiter:innen verantwortlich zeigen.

BORA e.V. verfügt über eine Mitarbeiter:innenvertretung.